Skip to Content

Orbiting – wenn die sozialen Medien als ein Türspion dienen

Orbiting – wenn die sozialen Medien als ein Türspion dienen

Er schaut meine Story an, aber schreibt nicht!

Er liked meine Bilder und Fotos, meldet sich aber nicht!

Er folgt mir auf Instagram und interessiert sich für mich auf Snapchat, kontaktiert mich aber nicht!

Hast auch du ein paar Augen, die dir stets folgen und vielleicht sogar einem Ex-Partner gehören? Ist es dir schon mal passiert, dass ein Ex deine Bilder liked und Storys anschaut, aber im realen Leben nichts dafür tut, um mit dir Kontakt aufzunehmen?

Mir sind nämlich genau diese Dinge passiert.

Von diesem bestimmten Mann habe ich mich vor ungefähr 2 Jahren getrennt. Es war eine Trennung, die wir beide wollten. Daher gab es keine dramatischen Abgänge, Streit oder Ghosting. 

Ich löschte ihn damals nicht aus meine Follower-Liste und blieb auch bei Facebook weiterhin mit ihm befreundet. 

Ich sah keinen Grund, es nicht zu tun. Seitdem haben wir auch nicht mehr gesprochen oder irgendeine andere Art von Interaktion miteinander gehabt. Bis ich vor kurzem etwas Komisches bemerkte. Er schaut sich alle meine Storys an, liked meine Bilder und Videos, hat sich aber nie direkt bei mir gemeldet

Hä? Macht das für euch Sinn? Ich staunte nicht schlecht, als meine Freundin da zustimmte und anfügte: Das ist doch ein klarerer Fall von Orbiting!

Wie bitte? Was ist denn Orbiting und was hat es damit auf sich? Hier zeige ich euch, was ich zu diesem Thema gefunden habe. Mein Interesse war nämlich sehr groß!

Orbiting – ein verwirrender Datingtrend, der heimliche Einblicke feiert

Orbiting kann man als eine Tätigkeit definieren, bei dem man nach einer Trennung weiterhin alle Posts vom Ex-Partner durchsucht, anschaut, liked und Interesse an ihnen zeigt. Der Schlüsselfaktor liegt jedoch darin, dass es genau dabei auch bleibt. Es kommt nämlich in der realen Welt zu keiner Kontaktaufnahme oder Gesprächen.

Dieser Begriff ist relativ neu, wird jedoch immer öfter auch in der Dating-Psychologie genutzt. Zum ersten Mal nutzte ihn Anne Iovine, Journalistin, in einem 2018 veröffentlichten Artikel, in dem sie sich Luft über einen Ex machte, der ihre Aktivitäten auf sozialen Medien verfolgte, sie aber in der Realität ignorierte. 

Der Name selbst erinnert an einen Orbit im Weltall, was ja ideal zu der Umkreisung um die betroffene Orbiting-Person passt. Der Ex-Partner kontaktiert dich nämlich nicht direkt, schwirrt aber irgendwo in der digitalen Luft um deinen Kopf herum. 

Er ist zwar da, doch greifbar ist er nicht. 

Warum aber machen Menschen so etwas? Was ist der Sinn von Orbiting?

Gründe und Erklärungen für Orbiting

Ghosten oder Stalken sind von Schnee gestern, heute haben wir es mit einem ganz anderen Problem zu tun. Orbiting ist der schmeichelnde, dennoch gruselige Datingtrend mit einer Prise Unheimlichkeit, der immer mehr Anhänger findet. 

Ich mir sicher, dass jede von uns mindestens ein Mal Privatdetektivin gespielt und die Profile vom Ex besucht hat.

Geschieht es jedoch über einen längeren Zeitraum, dann erzählt das doch eine interessante Geschichte.

Warum das so ist und was Menschen so sehr daran fasziniert, durch soziale Medien weiterhin ein Auge auf den Ex-Partner zu behalten, das sehen wir jetzt. 

• Man kann nicht loslassen

Soziale Medien ermöglichen es uns nicht nur neue Menschen kennenzulernen oder sogar digitale Untreue zu begehen, sie ermöglichen es uns auch ein Auge auf dem Ex-Partner zu haben. 

Ist es ein Weg weiterhin das Gefühl zu behalten, dass man ein Teil des Lebens vom Ex ist? Orbiting ermöglicht auch, sich eine Art Hoffnung aufzubauen, dass es vielleicht im richtigen Moment doch noch zu einer Versöhnung kommen kann. 

Es kann auch sein, dass sich Menschen hiermit darauf vorbereiten wollen, eine Strategie und einen Weg zu finden, wie sie den Ex-Partner zurückgewinnen können.  

• Man möchte den Ex warmhalten

Mit Hilfe der sozialen Medien kann man heutzutage auch nach einer Trennung noch lange das Gefühl haben, einen kleinen Einblick in das Leben des Partners zu haben. 

Nutzt man jedoch diese kleinen Einblicke, um sich das Terrain für Cushioning oder einen Backburner-Platz vorzubereiten, denn geht es hier um etwas ganz anderes. Backburner (1) und Cushioning sind nämlich Wege, eine bestimmte Person als Plan B warmzuhalten, falls es mit Plan A nicht klappt. 

Vielleicht ist das auch genau der Grund, warum dein Ex jederzeit wissen möchte, wo du im Leben stehst und was du machst. Mit deinen Likes und Reaktionen, möchte er dir zeigen, dass er dich noch nicht ganz vergessen hat. 

• Man ist vom Ex besessen

Ich habe dich schon gewarnt, dass Orbiting auch gruselig sein kann. 

Hast du einen Ex-Partner, den du immer öfter irgendwo “zufällig” siehst, er durch deine Nachbarschaft fährt und jeden deiner Schritte bei Instagram und Co. verfolgt?

Bei diesem Thema sowie Cyberstalking sollte man vorsichtig sein, denn damit ist nicht zu spaßen. Cyberstalking ist jedoch auch oft damit verbunden, Kontakt zu suchen, Nachrichten zu schreiben oder das Verhalten der anderen Person zu kommentieren. 

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass beide Arten der Online-Verfolgung kein unangenehmes Gefühl bei den Betroffenen hinterlässt und ihnen sogar Angst machen kann. (2) 

Ein solches Verhalten in sozialen Medien finden wir vor allem bei Narzissten, die ihren Kontrollverlust nicht verarbeiten können. Es ist ihr Weg, dich weiterhin zu kontrollieren und nicht freizulassen. 

Er ist noch nicht bereit, dich loszulassen durch Orbiting so bekommst du es zu spüren. 

• Man ist neugierig

Manchmal googeln wir Menschen aus unserer Vergangenheit, um zu wissen, was mit ihnen nach all der Zeit geworden ist, was sie so machen und wie es ihnen geht. 

Das gilt natürlich auch für unsere Ex-Partner. Und wenn wir jetzt wieder mal gaaanz ehrlich sind, dann sollten wir auch zugeben, dass wir ALLE mindestens ein Mal den Namen unseres Ex-Partners in den Suchbereich eingegeben haben. 

Nicht jede Beziehung muss in bitteren Tränen und Hassgefühlen enden. Vielleicht mag er dich weiterhin, möchte dir aber nicht zu nahe treten. 

Es kann sein, dass dein Ex einfach nur seine Neugierde füttern möchte? 

Was Orbiting ist und wie es dazu kommt, hätten wir nun geklärt. Die Frage, welche Rolle, du darin spielst, steht jedoch weiterhin offen.

Auf welcher Seite des Online-Spaßes stehst du den gerade?

Orbiting– Bist du der Nutzer oder Opfer?

Wollen wir mal nicht so sein und sagen, dass nur Männer Orbiting nutzen, denn das wäre eine große Lüge. Es ist vielleicht nicht etwas, worauf man besonders stolz ist und mit jedem teilen möchte, aber es kommt bei Frauen genauso häufig vor wie bei Männern. 

Hier möchte ich dir aber den Raum geben, um zu lesen, was Orbiting in beiden Fällen mit dir macht. Darunter meine ich, mit dir als Nutzer der Orbiting-Methode und auch als jemand, der davon betroffen ist. 

Du bist ein Orbiting-Opfer

Wendet jemand an dir Orbiting an, dann kann das nicht nur komisch sein, sondern eine ganze Reihe negativer Gefühle auslösen. Vielen Menschen ist es unangenehm, sie fühlen sich beobachtet und auf eine bestimmte Art auch kontrolliert. 

Was kann man also in solcher einer Situation tun?

• Führe ein offenes Gespräch mit deinem Ex

Manchmal ist die einfachste Lösung auch die beste. Das hier gilt besonders dann, wenn du und dein Ex euch eigentlich in guten Verhältnissen getrennt habt. Schreib ihm doch eine direkte Nachricht, wie beispielsweise: 

Hey, ich habe gesehen, dass du mein Bild geliked hast.

Du tauchst plötzlich in meinen Storys auf! Was ist los?

So wirst du ihm zeigen, dass du seine Aktivitäten bemerkt hast und er nicht unentdeckt geblieben ist. 

Es ist ein guter und auch einfacher Einstieg, um das Thema genauer zu thematisieren. 

• Blockiere ihn

Hast du bei der ungewollten Aufmerksamkeit in mulmiges Gefühl, dann kannst du es ihm auch verbieten, deine Posts zu sehen. 

Mit einem einfachen Klick kannst du ihn blockieren und damit verhindern, dass er die Dinge sieht, die du auf deinem privaten Profil postest. 

Das ist ein sicherer Weg, um deine Privatsphäre zu schützen. So wirst du absichern, dass nur die Menschen, von denen du es auch möchtest, Teil an deinem Leben haben und jederzeit deine Aktivitäten sehen können.

Dr Nigel MacLennan schrieb in einem interessanten Artikel zu diesem Thema Folgendes: Viele Menschen blockieren andere aus emotionalem Selbstschutz; der Blockierer kann nicht den Mut aufbringen, dem Blockierten zu sagen, dass sein Interesse nicht auf Gegenseitigkeit beruht.

Tue es also für dich, um dich selbst und deine Privatsphäre zu schützen. 

• Suche Hilfe auf 

Geht dir das Katz und Maus Spiel in den sozialen Median zu weit und du fühlst dich gestalkt oder Cyberbullying ausgesetzt, dann solltest du dich nicht davor scheuen Hilfe aufzusuchen. 

In solchen Situationen sollte dich nichts daran hemmen, dich direkt bei der Polizei zu melden oder auch professionelle Hilfe in Form einer Beratung aufzusuchen. 

Wichtige Kontakte dazu findest du auf unserer Hilfe-und-Beratung-Seite. 

Dort findest du die richtigen Schritte für solche Fälle und außerdem auch Hinweise über rechtliche Mittel, die in deinem Fall angemessen sein können. Ignoriere dein Problem nicht, bis es eskaliert und dir das Leben zur kompletten Hölle macht. 

Doch was ist, wenn du dich dabei ertappt hast, selbst der Täter zu sein? Was kannst du tun und was musst du jetzt unbedingt einsehen?

Du bist ein Orbiting-Nutzer

Hast du dich selbst dabei ertappt, wie du immer wieder auf das Profil deines Ex klickst? Und die Beschreibung von Orbiting trifft irgendwie genau auf dich zu? Keine Sorge, es ist es jetzt noch lange kein Grund in Panik zu geraten. 

Dennoch solltest du dir selbst die Fragen stellen, warum du das tust und vor allem, ob es gesund bzw. gut für dich ist?

Wird dein Verhalten immer frequenter und du verspürst einen großen Drang danach, jeden Tag auf seinem Profil nach Updates zu suchen, dann sagt das sehr viel aus. Es zeugt vor allem davon, dass du mit der Vergangenheit nicht wirklich abgeschlossen hast. 

So wirst du von den kleinen Kicks abhängig, die dir die kleinen Einblicke aus seinem Leben geben, sowie dem Gefühl mehr über ihn zu wissen. 

Ist es tatsächlich so, solltest du versuchen, einen Weg zu finden, die Vergangenheit loszulassen. Die ersten Schritte, die dir dabei helfen könnten, dein Orbiting zu beschränken, sind die Folgenden: 

• Lösche ihn aus deiner Freundesliste

Zu radikal für dich? Gib dem Ganzen doch einen Versuch. Du kannst deinen Ex entweder ganz löschen oder blockieren oder deine Zeit und Frequenz wie oft du sein Profil besuchst begrenzen. 

Auf diese Weise wirst auch du einen bestimmten Abstand bekommen und selbst merken, dass du nicht wissen musst, was er in jeder Sekunde seines Lebens tut. 

Du wirst auch ohne Informationen darüber, was dein Ex macht, ein erfülltes und glückliches Leben aufbauen. 

Genau mit dieser These befassten sich auch Psychologen in einer Studie. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass das Entfernen unseres Ex-Partners auf sozialen Medien große Veränderungen in uns auslöst: 

Unser Gehirn braucht diese Verschnaufpause, um neue Nervenbahnen zu bilden und sich so neu zu verdrahten, dass es dabei hilft, die Trennung zu überwinden. (3) 

• Teile dein Problem mit einem Freund

Viele Dinge im Leben sind so viel einfacher, wenn man sie mit dem besten Freund teilt. Weiß deine beste Freundin, wie oft du noch auf dem Profil deines Ex rumstöberst? 

Ich bin mir nämlich sicher, sie hätte dazu eine bestimmte Meinung, die du unbedingt hören solltest. 

Ich glaube, dass auch du dich besser fühlen wirst, wenn du weißt, dass du mit deiner neuen Gewohnheit nicht alleine bist und über dieses Problem mit jemandem in deinem Leben sprechen kannst. 

• Hole dir Hilfe

Merkst du, dass dich das eigene Verhalten und der Drang danach, jederzeit zu wissen, was dein Ex gepostet hat, bedrückt? Es ist oft nicht einfach, eine Trennung zu verarbeiten und wirklich das Geschehene hinter sich zu lassen. 

Vielleicht ist aber ein Gespräch mit einem professionellen Therapeuten genau das, was du brauchst. Dieser könnte dir dabei helfen, achtsamer zu werden und dir wichtige Übungen geben, die du nutzen kannst, um dein Leben zu verändern. 

Es gibt Wege in der Psychologie, die unsere obsessiven Gedanken über den Partner, mit etwas Mühe und Bereitschaft an sich zu arbeiten, beseitigen können. (4) 

Hier wirst du auch wichtige Lebenslektionen lernen, die dein Leben komplett verändern können und es dir ermöglichen werden, dein Leben neu zu gestalten, nur eben ohne den Ex. 

Fazit

Orbiting hört sich wirklich wie ein cooler Begriff an, doch das, was dahintersteckt, ist nicht wirklich allzu cool. 

Einem Menschen, der eigentlich nicht mehr in unserem Leben ist, plötzlich auf sozialen Medien auflauern, wirft ehrlicherweise ganz viele Fragen auf. 

Ich möchte jetzt nicht als scheinheilig rüberkommen, denn auch ich habe schon mal den Namen meines Ex in das Suchfeld eingegeben, doch dabei blieb es dann auch. Unter Orbiting verstehen wir, dass immer wieder die Inhalte angeschaut, geliked oder kommentiert werden, in der Realität aber kein Wort gewechselt wird. 

Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Manchmal sind sie banal wie Neugierde, doch sie können auch von verletzten Gefühlen und bleibendem Interesse zeugen. 

Es kann sein, dass wir Orbiting-Opfer oder -Nutzer sind und in beiden Fällen gilt es, die Situation richtig zu erkennen und mit ihr umzugehen. Ich erhoffe mir, dir mit diesem Artikel ein weiteres neues Phänomen, neben Cushioning, Groundhogging und Winter Coating erklärt zu haben. Sehen wir mal, was uns als Nächstes in der Dating-Welt erwartet! 😀

Ihr Weg verwendet ausschließlich von Fachleuten geprüfte Studien und vertrauenswürdige Quellen, um sicherzustellen, dass unsere Inhalte wahrheitsgemäß, korrekt und zuverlässig sind.

1. Dibblea, L. J. und Drouin, M.: Using modern technology to keep in touch with back burners: An investment model analysis, Science Direct

2. Spitzberg, B. H. und Hoobler, G.: Cyberstalking and the technologies of interpersonal terrorism, new media & society

3. Eisenberger, N. I.: Social pain and the brain: controversies, questions, and where to go from here, NIH

4. Doron, G., Derby, D., Szepsenwol, O., Nahaloni, E. und Moulding, R.: Relationship Obsessive–Compulsive Disorder: Interference, Symptoms, and Maladaptive Beliefs, PMC