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Das Peter-Pan-Syndrom – Erwachsen und doch nicht erwachsen

Das Peter-Pan-Syndrom – Erwachsen und doch nicht erwachsen

Eine lustige, spontane, immer für Abenteuer und Spaß bereite Person in seinem Leben zu haben, hört sich doch interessant an, nicht wahr?

Was aber, wenn man derselben Person nichts anvertrauen kann, wenn Verpflichtung, Respekt und Kompromisse Fremdwörter für diese Person sind?

Kannst du dir vorstellen, mit einem erwachsenen Mann eine Auseinandersetzung zu haben und auf einmal dreht er sich um und ignoriert dich?

Er beginnt mit einem passiv-aggressiven Benehmen und du stehst einfach da und fragst dich, ob du da mit einem Kind redest…

Es war einmal ein Junge…

Es war einmal ein Junge, für den das Erwachsensein keine Option war. Er lebte auf der Insel Nimmerland und zusammen mit den verlorenen Jungs kämpfte er gegen Piraten.

Er konnte sogar fliegen und brachte auf diese Weise andere Kinder, die nicht erwachsen werden wollten, zu seiner Insel.

Wir alle kennen die berühmte Kindergeschichte von James Matthew Barrie. Viele von uns haben vielleicht auch gedacht, es wäre wunderbar, für immer ein Kind zu bleiben.

Was aber, wenn für einige dieser Traum zur Wahrheit geworden ist? Für immer ein Kind zu bleiben?

Oder zumindest körperlich erwachsen zu werden, aber seelisch ein Kind zu bleiben? Und nicht im Sinne unverdorben und naiv zu sein, sondern verantwortungslos und sorglos zu sein.

Ein Mann mit dem Benehmen eines Kindes. Das muss ja glatt eine psychische Krankheit sein, oder?

Familientherapeut Dan Kiley, ein Experte für leichte Formen psychischer Störungen, hat solch ein Benehmen zum ersten Mal beschrieben und es Peter-Pan-Syndrome (Englisch) genannt, gerade nach dem Hauptcharakter aus dem Kinderbuch.

Wie kommt es aber zu diesem Syndrom?

Es war einmal ein Junge…

Da sich erwachsene Männer wie Kinder benehmen, sollte man auch die Ursachen des Peter-Pan-Syndroms in der Kindheit suchen.

Zwei verschiedene Muster sind meistens Auslöser für solch ein Benehmen.

Der erste Grund kann sein, dass die Eltern ihrem Kind nie die Gelegenheit gegeben haben, das Erwachsensein auszuüben.

Die sogenannten Helikopter-Eltern machen alles für ihre Kinder, erwarten keine Verantwortung von ihnen und lassen keine eigenen Entscheidungen zu.

Gleichzeitig werden die Taten des Kindes nie kritisch beobachtet. Alles, was ihr prächtiges Kindlein macht, ist bezaubernd, wunderbar und wird gelobt. Auch wenn es eigentlich nicht so ist, doch das Kind hat keine Schuld daran.

In ihrem Versuch, das Selbstbewusstsein ihres Kindes aufzubauen, übertreiben diese Eltern mit ihrer Liebe und Lob und aus diesem Kind wird eine erwachsene Person, die gar nicht weiß, was Selbstkritik ist und dessen Benehmen an Egoismus grenzt.

Das zweite Muster, das zum Peter-Pan-Syndrom führt, ist das Gegenteil. Eltern, die kalt und distanziert sind, die ihrem Kind keine Liebe und Zuneigung schenken, erziehen Kinder, die keine richtige Kindheit hatten.

Diese Kinder werden erwachsene Männer, die dann diese fehlende Kindheit mit ihrem kindischen Benehmen kompensieren wollen.

Keiner kann behaupten, dass die Kindererziehung eine leichte Aufgabe ist. Diese Fälle, die hier beschrieben wurden, sind aber Extremfälle.

Nicht jedes Kind, dass ein bisschen verwöhnt wird, wird eine Störung entwickeln. Die Kindheit sollte ja schließlich sorglos sein.

Wie erkennt man das Peter-Pan-Syndrom?

Na ja, sehr viele Männer spielen Videospiele, denken, dass Videos, wie sich Menschen verletzen, lustig sind und haben Ideen, die in ihren Augen Spaß versprechen, über die aber Frauen nur mit den Augen rollen können.

Bedeutet das, dass all diese Männer das Peter-Pan-Syndrom haben?

Glücklicherweise nicht. Ab der Pubertät kann man sagen, dass Mädchen etwas reifer als ihre männlichen Altersgenossen sind und manchmal sieht es so aus, als ob sich das nie ändert, aber das bedeutet nicht, dass alle Männer eine Störung haben.

Hier sind einige Anzeichen, wie man bei jemandem das Syndrom erkennen kann:

1. Selbstverliebtheit

Er ist der Beste, er ist der Schönste, er weiß alles und nichts, was er macht, ist falsch. Das hat ihm seine Mami schon seit einer langen Zeit gesagt und er glaubt immer noch daran.

Er ist der reinste Perfektionismus und ein paar Schritte von Narzissmus entfernt.

2. Kein Schuldgefühl

Da alles, was er macht, gut ist, macht er nie einen Fehler. Wenn andere glauben, dass er etwas falsch gemacht hat, ist es ihr Problem und nicht seine Schuld.

Anstatt Entschuldigung kann man von ihm nur Prahlerei hören.

3. Einsamkeit

Meistens hat er keine Freunde, oder zumindest keine engen Freundschaften.

Er hat oft eine Sippschaft, wo die anderen Mitglieder viel jünger sind als er. Irgendwie passt er nicht zu ihnen, obwohl er das versucht.

4. Keine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen

Dieser Mann ist es nicht gewohnt, allein Entscheidungen zu treffen. Egal ob es Kleinigkeiten sind, wie zum Beispiel, was er essen möchte oder große Fragen in seinem Leben, wie zum Beispiel, was für eine Karriere er anstreben sollte.

Er findet es ganz normal, dass alles für ihn fertig bereitsteht.

5. Bindungsangst

Auch wenn er eine Beziehung hat, ist diese normalerweise nur kurzfristig. Sein Leben mit jemandem zu teilen und die Zukunft zu planen, ist viel zu viel für ihn.

Er lebt lieber für den Augenblick und bindet sich nicht. Die einzige Frau, die für ihn gut genug ist, ist seine Mutter.

6. (Zu) Enge Beziehung zur Mutter

Seine Mutter ist oft sein bester Freund und die wichtigste Frau in seinem Leben. Sie ist immer für ihn da. Eine richtige Helikopter-Mutter bleibt jahrelang bei ihrem Söhnchen.

Warum sollte er allein seine Kleidung kaufen und waschen, wenn sie das viel besser erledigen kann?

7. Chauvinismus

Für ihn ist Rollenverteilung etwas ganz Normales und er zeigt es durch sein Macho-Gehabe. Frauen sollten ihn bedienen und seine Wünsche erfüllen.

Wenn er versucht, eine Frau zu erobern, ist es üblich, dass er sexistische Kommentare macht und dumme Anmachsprüche benutzt.

8. Keine Selbstdisziplin

Mit Geld umgehen kann er nicht. Sparen ist für ihn ein Fremdwort. Eigentlich steckt er oft in Schulden. Bei ihm steht Spaß an erster Stelle und nicht mal Geldmangel wird ihn stoppen, sich zu amüsieren.

Wenn ihm irgendetwas keinen Spaß mehr macht, egal ob es ein Job, eine Beziehung oder einfach eine Konversation ist, gibt er einfach auf.

9. Keine Verantwortung

All diese Anzeichen kann man eigentlich in diese zwei Worte zusammenfassen – kein Verantwortungsgefühl. Er kümmert sich um nichts und niemanden.

Nicht mal um sich selbst kümmert er sich, auch das überlässt er anderen Menschen.

Peter Pan braucht seine Wendy

Der Name eines zweiten Charakters aus dem Kinderbuch von James M. Barrie wurde benutzt, um eine weitere Störung zu beschreiben.

In dem Buch fliegt Wendy mit Peter Pan und ihren zwei jüngeren Brüdern ins Nimmerland und übernimmt dort die Mutterrolle für all die verlorenen Jungs. Sie kocht für sie, wäscht ihre Wäsche und kümmert sich sogar um ihre Ausbildung.

Auf den ersten Blick kann eine Person mit einem Wendy-Syndrom einfach wie eine liebevolle, rücksichtsvolle und hilfsbereite Person aussehen. Da gibt’s doch nichts Schlimmes, jeder würde sich solch eine Person im Leben wünschen.

Dieses Benehmen kann aber zu einer sehr großen Abhängigkeit und zu einer toxischen Beziehung führen.

Wenn sich Peter Pan und Wendy treffen, übernimmt sie alle seine Verantwortungen und macht alles für ihn.

Obwohl es aussehen mag, als ob diese zwei ideal füreinander sind und gut zusammen funktionieren, ist solch ein Benehmen weit entfernt von einer gesunden Beziehung.

Peter-Pan-Syndrom und eine gesunde Partnerschaft – Ist das überhaupt möglich?

Ein erwachsener Mann, der eine zu enge Beziehung zu seiner Mutter hat, chauvinistisch und egoistisch ist, keine Verantwortung und Schuld übernimmt, scheint nicht die beste Option für einen Partner zu sein, nicht wahr?

Warum würde überhaupt eine Frau eine Partnerschaft mit diesem Mann eingehen?

Die Sache ist die, dass die meisten von diesen Eigenschaften, nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Der jugendliche Charme aber und die allgemeine Lebensfreude können sehr verführerisch sein.

Da die meisten Männer mit diesem Syndrom Bindungsangst haben, finden sie oft Wege, eine Beziehung zu sabotieren, bevor sie ernst wird, auch wenn ihre Partnerin bereit ist, für die Beziehung zu kämpfen.

Eine offene Beziehung oder eine On-off-Beziehung sind ein Traum für einen Mann mit Peter-Pan-Syndrom. Er bekommt so die Nähe und die Zuneigung seiner Partnerin, aber alles bleibt locker und unverbindlich.

Der Schlüssel für eine erfolgreiche feste Beziehung mit solch einem Mann liegt in der Selbsterkennung. Die meisten Männer mit diesem Syndrom verstehen überhaupt nicht, dass etwas mit ihrem Verhalten falsch ist.

Erst wenn solch ein Mann einsieht, dass er derjenige ist, der anders ist und nicht der Rest der Welt, kann man eine Veränderung erwarten.

Durch Einzel- oder Paartherapie kann dieses Syndrom dann behandelt werden, indem man zuerst die Ursachen für solch ein Benehmen erkennt.

Schon der Wille, sich selbst zu ändern und an seinen Ängsten zu arbeiten, ist ein sehr großer Schritt für einen Mann mit Peter-Pan-Syndrom.

Dann kann eine liebevolle, verständnisvolle, geduldige Partnerin, die ein starkes Selbstbewusstsein hat, gerade das sein, was der Peter Pan braucht, um endlich erwachsen zu werden.