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Verbale Gewalt – Wenn Worte zu Wunden werden

Verbale Gewalt – Wenn Worte zu Wunden werden

Wenn man frisch verliebt ist, sieht es so aus, als ob das Glück nie ein Ende haben wird.

Man verbringt so viel Zeit wie möglich miteinander, man knutscht bei jeder Gelegenheit, man hat niedliche Kosenamen füreinander und man ist einfach bezaubert von seinem Partner.

Man kann nicht glauben, dass solch eine perfekte Person existiert.

Wie die Beziehung aber weiterläuft, erkennt man, dass nicht alles so perfekt ist, wie es auf den ersten Blick aussah.

Man lernt, dass der Partner auch nur eine Person mit Ecken und Kanten ist, aber die haben wir ja auch und das bedeutet nicht, dass wir uns nicht mehr mögen und lieben.

Gerade dadurch sehen wir ein, dass diese Liebe die Richtige ist, weil wir diese Person immer noch lieben, obwohl wir jetzt wissen, dass sie nicht perfekt ist.

Es kommt auch langsam zu den ersten Auseinandersetzungen und auch zum ersten Streit.

Zum ersten Mal hat man nicht nur schöne Worte füreinander. Zum ersten Mal sagt man etwas, was man später bedauert. Einige Worte, die man in einer Beziehung nicht sagen sollte

Der erste Streit dauert meistens nicht so lange und man versucht sich so schnell wie möglich zu versöhnen.

Man entschuldigt sich tausendmal und man versucht alles zu machen, um die Situation wieder besser zu machen.

Man überzeugt seinen Partner aber auch sich selbst, dass man sich nie mehr so benehmen wird.

Dass wir es nicht so gemeint haben. Und meistens ist es auch so.

Aber nicht immer. Für einige ist es ein sehr kurzer Weg von dem ersten Streit bis zur täglichen Herablassung, Respektlosigkeit und Beschimpfungen.

Diese Personen sind Opfer verbaler Gewalt.

Wenn du nicht weißt, was psychische Gewalt oder seelische Gewalt ist, kannst du glücklich sein.

Jede fünfte Person erlebt eine Art psychischer Gewalt.

Auch wenn du es selbst nicht erlebt hast, lernst du heute, wie du sie erkennen kannst.

Vielleicht bist gerade du die Person, die jemand anderem helfen kann.

Wie erkennt man verbale Gewalt?

Wenn man Gewalt hört, ist das Erste, woran man denkt, körperliche Gewalt.

Man denkt an Wutausbrüche, Anbrüllen und Verletzungen. Es ist auch viel leichter solch eine Gewalt zu erkennen.

Auf der anderen Seite, bei psychischer Gewalt, ist es nicht so leicht, die Anzeichen zu erkennen.

Ja, zu Streit kommt es in jeder Beziehung.

Aber wenn die Stimmung in einer Beziehung öfter schlecht als gut ist, sollte man sich schon die Frage stellen, ob es wirklich eine gesunde und funktionierende Beziehung ist?

Wenn es für einen Partner normal ist, den anderen täglich zu beleidigen, wenn Abwertungen, Beschimpfen und Demütigungen ein normaler Teil jedes Gespräch sind, dann redet man von häuslicher Gewalt.

Eines der größten Probleme der psychischen Gewalt sind die Folgen, die das Opfer der Gewalt haben kann.

Es kommt oft dazu, dass diese Person anfängt, sich wirklich durch die Augen des Partners zu sehen.

Menschen, die längere Zeit solcher Gewalt ausgesetzt sind, fangen an, an ihrem eigenen Wert zu zweifeln.

Ihr Selbstbewusstsein wird immer schwächer und sie fangen an zu glauben, dass sie besseres auch nicht verdienen.

Oft haben sie auch Angst, über ihre Probleme mit anderen Menschen zu reden.

Sie selbst sind sich auch nicht sicher, ob sie wirklich ein Problem haben oder ob sie sich alles bloß eingebildet haben.

Sie fangen an, Kontakt mit anderen Menschen zu vermeiden.

Manchmal kündigen sie sogar ihren Job und werden so noch abhängiger von ihrem Partner.

Und gerade das ist auch das Ziel des Täters der verbalen Gewalt.

Er möchte der Herrscher in der Beziehung sein. Gleichberechtigung in der Beziehung interessiert ihn nicht.

Sätze, die bei verbaler Gewalt häufig vorkommen:

Du kannst das sowieso nicht verstehen.
Halt die Fresse!
Dich hab ich nicht gefragt!
Ich erlaube es nicht!
Sieh dich an, wer würde dich attraktiv finden?
Du hast Glück, dass ich dich möchte.
Du bildest dir das nur ein.
Du machst aus einer Mücke einen Elefanten.
Stell dich nicht so an.
Glaubst du, du findest jemanden besseren?
Du bist zu empfindlich.
Verstehst du keinen Humor?

Ich leide unter verbaler Gewalt, was kann ich machen?

Wenn du erkannt hast, dass das, was du erlebst, keine normalen Beziehungsprobleme sind, sondern du Opfer psychischer Gewalt bist, ist es sehr wichtig, so schnell wie möglich zu handeln.

Hier findest du die Schritte, die du in solch einer Beziehung machen solltest.

1. Sag Es ist genug

Wenn dein Partner das nächste Mal mit der verbalen Gewalt anfängt, sag ihm einfach: Nein, das werde ich nicht mehr erlauben.

Ich habe genug davon und werde jetzt gehen. Wir können reden, wenn du für ein Gespräch auf Augenhöhe bereit bist.

Versuche, ganz ruhig zu bleiben und es ohne Brüllen und ohne einen Streit anzufangen zu sagen.

Wenn es zu Streit kommt, dann hat er gerade das bekommen, was er wollte.

Er hat diese Reaktion provoziert. Zeig ihm, dass du es besser weißt.

2. Es ist Zeit für Re-Empowerment

Ein sehr wichtiger Schritt ist einzusehen, dass du keine Schuld für sein Benehmen hast.

Das Schlimmste, was du machen kannst, ist, ihm zu glauben. Wenn seine Beleidigungen deine Glaubenssätze werden, erst dann hast du ein richtiges Problem.

Du musst jetzt die Stärke finden, dieses Benehmen zu beenden und zu entscheiden, wie und was weiter?

Versuche, dir verschiedene Pläne zu machen, je danach, wie er sich weiter benimmt. Sei bereit für jede Möglichkeit.

3. Suche das Gespräch mit ihm

Wenn er bereit ist, mit dir ein offenes und respektvolles Gespräch zu führen, sag ihm, wie du dich fühlst.

Sag, was für einen Einfluss sein Benehmen auf dich und auf eure Beziehung hat.

Wenn er einsieht, was für einen Schaden seine verletzenden Worte geschafft haben und er sich ehrlich entschuldigt, könnt ihr ja versuchen, eure Beziehung oder Ehe zu retten.

Am besten ist es, du fragst ihn, ob er eine Paartherapie versuchen würde.

Wenn er es wirklich ernst meint und er sich wirklich verändern möchte, wenn er wirklich bereit ist, an der Beziehung zu arbeiten, wird er wahrscheinlich ja dazu sagen.

Wenn er es ablehnt und nach kurzer Zeit wieder denselben Weg geht, dann ist es Zeit, weitere Schritte zu machen.

4. Finde eine Vertrauensperson

Ja, manchmal ist es schwer über die Probleme, die man in der Beziehung hat, mit anderen Menschen zu reden.

Psychische Gewalt ist ja auch nicht etwas, worüber man leicht redet. Aber jemandem muss man sich anvertrauen.

Bei verbaler Gewalt kommt es auch oft dazu, dass der Täter versucht, ein Kontaktverbot durchzusetzen.

Er erlaubt seinem Opfer nicht, sich mit Freunden oder Familie zu treffen oder er kontrolliert zumindest die Gespräche und die Nachrichten des Opfers.

In solch einem Fall ist es noch wichtiger, dass du mit jemandem ein persönliches Gespräch führst und das jemand mit deiner Situation vertraut ist.

Du kannst ja sogar ein sicheres Wort mit dieser Person aussuchen.

Etwas, was eigentlich nichts mit deiner Situation zu tun hat, sodass dein Partner nicht verstehen kann, worüber du redest.

Du kannst dann dieses Wort in einem lockeren Gespräch deiner Vertrauensperson sagen und er oder sie wird wissen, dass du Hilfe brauchst.

Zum Beispiel kann das Wort ein Land sein, wie China und du kannst dann fragen: Hast du gehört, was in China passierte?

5. Sei vorsichtig

Häufig ist verbale Gewalt nur der erste Schritt zur körperlichen Gewalt.

Gerade deshalb ist es sehr wichtig, dass du jemanden hast, dem du glaubst, dem du vertrauen kannst.

Falls es dazu kommt, dass dir dein Bauchgefühl sagt, dass du in Gefahr bist, glaube ihm, warte nicht, bis es zu körperlicher Gewalt kommt.

Pack eine Tasche, nimm etwas Kleidung mit, etwas Bargeld und deine Dokumente.

Wenn du wirklich keine Familienmitglieder und Freunde hast, die dir helfen können, bei denen du ein paar Nächte verbringen könntest, solltest du die Hilfetelefon-Nummer für Opfer von Gewalt wählen und schon vorher überprüfen, wo das nächste Frauenhaus ist und dort kannst du Hilfe suchen.

6. Suche professionelle Hilfe

Auch wenn dein Partner nicht an einer Paartherapie teilnehmen möchte und es zur Trennung kommt, wird das eine schwere Zeit für dich sein und du solltest allein professionelle Hilfe suchen.

Noch wichtiger ist das, wenn auch Kinder im Spiel sind.

Trennung mit Kindern ist von sich aus kompliziert und kann den Kindern sehr schwerfallen.

Es kann einen großen Einfluss auf ihr ganzes Leben haben.

Professionelle Hilfe bedeutet aber auch die Polizei zu alarmieren, wenn es nötig ist.

Verbale Gewalt fällt unter den Straftatbestand der häuslichen Gewalt.

Du hast die Möglichkeit, eine Schutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz zu bekommen.

Schäme dich nicht, diese Hilfe zu suchen. Nichts ist wichtiger als dein Wohlbefinden.

Verbale Gewalt kann man überall finden

Verbale Gewalt kommt nicht nur in Liebesbeziehungen vor.

Man kann es auch in anderen Beziehungen finden, wie zum Beispiel in der Beziehung zwischen Eltern und Kindern.

Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, die ihre Kinder für jede Kleinigkeit beschimpfen, die den Kindern keine Liebe und Zuneigung zeigen oder diejenigen, die ihre Kinder verlassen, sind Täter der psychischen Gewalt.

Verbale Gewalt kann man auch am Arbeitsplatz unter Kollegen erleben.

Getratsche, sexistische Bemerkungen oder wenn jemand seine höhere Position ausnutzt, um seinen Kollegen zu erniedrigen, sind alles Formen der verbalen Gewalt.

Eine sehr häufige Form ist die verbale Gewalt zwischen Kindern.

Auslachen wegen des Aussehens, der Fähigkeiten oder wegen des Status sind nur einige Formen dieser Gewalt unter den Kindern.

Gerade bei Kindern kann es sehr gefährlich sein, da ihre Persönlichkeit und ihr Selbstbewusstsein noch nicht ganz entwickelt sind.

Es ist sehr wichtig, mit den Kindern über diese Möglichkeiten zu sprechen.

Ihnen zu sagen, dass nicht alle gute Absichten haben und ihre Freunde sein werden.

Es ist wichtig, dass die Kinder wissen, dass sie Hilfe suchen sollten und ihre Gefühle nicht vergraben sollen.

Ein häufiges Phänomen ist, dass Kinder, die Opfer der psychischen Gewalt waren, später selbst Täter derselben Gewalt sind.

Gerade deshalb ist es wichtig, sich rechtzeitig mit diesem Problem zu beschäftigen und diesen Kindern zu helfen, mit ihren Gefühlen umzugehen.

Fazit

Obwohl es keine körperlichen Wunden hinterlässt, kann verbale Gewalt sehr ernsthafte Folgen für das Leben einer Person haben.

Es kann einem das Selbstbewusstsein und das Selbstbild völlig zerstören.

Wenn psychische Gewalt in der Kindheit vorkommt, kann es solch einen großen Einfluss haben, dass das Opfer später selbst zum Täter wird, da es keine andere Benehmensmuster kennt.

Verbale Gewalt ist nicht immer leicht zu erkennen, besonders nicht, wenn man eine Beziehung von außen betrachtet.

Wenn man es doch bemerkt, sollte man es auf jeden Fall nicht ignorieren und als normale Beziehungsprobleme abschreiben.

Eine Person, die Opfer der verbalen Gewalt ist, sollte sich nicht schämen, Hilfe zu suchen.

Psychische Gewalt ist oft nur der erste Schritt in Richtung körperliche Gewalt.

Jeder Tag kann entscheidend sein und den Unterschied zwischen glücklichem Leben und Missbrauch bedeuten.

In solch einer Situation ist es am wichtigsten, die innere Stärke zu finden und Genug, das hört jetzt auf! zu sagen.

P.S. Hier findest du die wichtigsten Warnzeichen häuslicher Gewalt!