An den Narzissten, der in meinem Leben war – und den Platz, den er nie wieder bekommt
An dich,
ich habe so viele Versionen dieses Briefes in meinem Kopf geschrieben. Wütende, verletzte, traurige.
Ich habe überlegt, wie ich beginnen soll – mit Vorwürfen, mit Schmerz oder einfach mit Stille.
Aber heute schreibe ich mit etwas anderem: mit Klarheit.
Ich schreibe dir nicht, um dich zu überzeugen. Nicht, um Antworten zu bekommen.
Ich schreibe dir, um mich selbst daran zu erinnern, dass ich dich losgelassen habe.
Endgültig.
Es gab eine Zeit, da dachte ich, du wärst das, was ich gesucht hatte. Du warst charmant, aufmerksam, faszinierend.
Du wusstest genau, was du sagen musstest, damit ich mich gesehen fühlte. Du warst die Art Mensch, die Räume füllt – mit Worten, mit Präsenz, mit Selbstverständlichkeit.
Und ich, ich ließ dich hinein. In mein Herz, in meine Gedanken, in mein Vertrauen. Ich dachte, ich hätte Glück, dich gefunden zu haben.
Aber was ich wirklich fand, war eine Lektion, die ich nie vergessen werde.

Am Anfang warst du Licht. Oder vielleicht hast du nur mein eigenes Licht so geschickt gespiegelt, dass ich glaubte, es käme von dir.
Du hast mich strahlen lassen – aber nur so lange, wie es dich selbst heller machte. Und als du gemerkt hast, dass mein Leuchten nicht mehr für dich arbeitet, hast du begonnen, es zu dimmen.
Langsam.
Leise.
Gezielt.
Ich merkte es nicht sofort. Niemand merkt es sofort.
Du warst nicht laut böse. Du warst subtil. Du hast Zweifel gesät, mit einem Lächeln im Gesicht.
Du hast mich verunsichert, mit Sätzen, die wie Komplimente klangen, aber eigentlich kleine Stiche waren.
„Ich meine das doch nur gut.“
„Du reagierst zu empfindlich.“
„Du bist zu emotional.“
Narzisstische Sätze, die sich anhörten wie Fürsorge, aber sich anfühlten wie Kontrolle.
Ich fing an, mich zu hinterfragen. Mich zu entschuldigen, selbst wenn ich nicht wusste, wofür.
Ich wurde kleiner, leiser, vorsichtiger.
Ich wollte nur, dass du mich wieder so ansiehst wie am Anfang. Aber das hast du nie vorgehabt.
Ich weiß heute, dass du nie Liebe gesucht hast – du suchtest Bewunderung. Du wolltest Macht, Kontrolle, Bestätigung.
Du wolltest jemanden, der dich spiegelt, nicht jemanden, der dich sieht. Und ich … ich war bereit, mich selbst zu verlieren, um dich zu halten.
Ich nannte es Liebe, aber es war Abhängigkeit.

Ich erinnere mich an den Moment, in dem ich begriff, dass etwas nicht stimmt. Es war kein großer Knall, keine Enthüllung.
Es war dieser leise Schmerz, wenn man merkt, dass man sich selbst nicht mehr erkennt.
Ich saß da, starrte in den Spiegel und fragte mich: Wann habe ich aufgehört, mich selbst zu mögen?
Wann wurde mein Wert davon abhängig, wie du mich siehst? Wann begann ich, mich kleiner zu machen, nur damit du dich groß fühlen kannst?
Du hast mich oft glauben lassen, ich sei das Problem. Du hast Situationen verdreht, bis ich mich schuldig fühlte – für Dinge, die du getan hast.
Und ich habe es dir geglaubt. Weil ich dich liebte. Weil ich dachte, Liebe müsse alles verzeihen, alles verstehen, alles tragen.
Aber Liebe trägt nicht alles. Schon gar nicht Lügen.
Es war ein langsamer Prozess, dich zu erkennen.
Ich wollte dich nicht als das sehen, was du warst – weil das bedeutet hätte, mich selbst zu sehen, als das, was ich geworden war: eine Frau, die sich verloren hatte.
Aber irgendwann kam der Punkt, an dem die Wahrheit lauter war als meine Angst. Und ich ging.
Nicht, weil ich plötzlich stark war – sondern, weil ich es mir nicht mehr leisten konnte, schwach zu bleiben.

Ich dachte, der Schmerz würde mich zerreißen. Ich dachte, ich würde dich vermissen.
Und ja, ich habe es – für eine Weile. Aber ich merkte schnell: Ich vermisste nicht dich.
Ich vermisste die Illusion.
Die Version von dir, die du mir am Anfang gezeigt hattest. Und die Version von mir, die ich war, bevor du sie zerlegt hast.
Heute weiß ich, dass du nie wirklich Macht über mich hattest. Du hattest nur die Macht, die ich dir gegeben habe. Und die habe ich mir zurückgeholt.
Stück für Stück.
Mit jedem Tag, an dem ich nicht auf deine Nachrichten antwortete. Mit jedem Gedanken, den ich mir zurückeroberte. Jedes Mal, wenn ich mich daran erinnerte, wer ich war, bevor du kamst.
Ich bin nicht mehr dieselbe Frau, die dich geliebt hat. Ich bin die Frau, die einen Narzissten überlebt hat.
Du hast mir wehgetan, ja. Aber du hast mich auch gelehrt. Du hast mir gezeigt, was ich nie wieder akzeptieren werde.
Du hast mir beigebracht, meine Grenzen zu schützen, meine Intuition ernst zu nehmen und niemals mehr Liebe mit Schmerz zu verwechseln.
Ich danke dir nicht für das, was du getan hast. Aber ich danke mir dafür, dass ich es überlebt habe.
Ich habe dich lange gehasst. Ich dachte, das wäre Stärke. Aber Hass ist nur eine andere Form der Bindung.
Und ich will keine Fesseln mehr – nicht einmal aus Wut.

Ich vergebe dir nicht, um dich zu entlasten. Ich vergebe, um frei zu sein.
Denn du bekommst keinen Platz mehr in meinem Leben, und auch keinen in meinem Herzen. Nicht in meinen Gedanken, nicht in meinen Gesprächen, nicht in meiner Geschichte.
Du bist ein Kapitel, das ich zu Ende gelesen habe – und das ich nicht noch einmal aufschlage.
Heute weiß ich, dass ich keine „Retterin“ bin. Ich muss niemanden heilen, der nicht geheilt werden will.
Ich muss niemanden verstehen, der mich absichtlich verwirrt. Und ich schulde niemandem meine Energie, der sie nur nimmt, um sie gegen mich zu verwenden.
Ich wähle jetzt anders. Ich wähle Menschen, bei denen ich, ich sein darf – nicht ein Projekt, nicht ein Spiegel, nicht ein Werkzeug für ihr Ego.
Ich wähle Liebe, die ruhig ist. Ehrlich. Frei.

Und weißt du was?
Ich bin dankbar. Nicht für dich – aber für mich. Für die Frau, die ich nach dir geworden bin. Für die Stärke, die du in mir unfreiwillig geweckt hast.
Für die Klarheit, die nur durch Dunkelheit kommt.
Ich bin nicht verbittert. Ich bin befreit.
Du hast mich gebrochen, ja – aber du hast vergessen, dass man Gold auch schmelzen muss, bevor man daraus etwas Neues formen kann.
Also nein – du bekommst keinen Platz mehr in meinem Leben. Keinen in meinem Herzen. Keinen in meinem Frieden.
Ich bin weitergegangen. Und diesmal drehe ich mich nicht mehr um.
Ein Brief, den ich nie verschickt habe – aber der mich endgültig frei gemacht hat.