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Einige Menschen mussten dir wehtun, um dich stärker zu machen

Einige Menschen mussten dir wehtun, um dich stärker zu machen

Ich weiß noch, wie ich in meiner Badewanne saß und an dich dachte, an uns. Seit unserem letzten Abschied waren bereits vier Wochen vergangen.

Ich dachte, wir wären zum letzten Mal zusammen gewesen.

Bald darauf erfuhr ich, was ein letzter Abschied wirklich ist – kalter Schweiß, Knoten im Bauch und lebloses Starren an die Badezimmerdecke.

Ich lebte meinen ganz persönlichen dystopischen Alptraum. Nichts hatte noch Sinn. Ich war eine Fremde für mich selbst.

Der Krieg, den ich mir selbst erklärt hatte, legte mich in Schutt und Asche.

 

Das einzige, was mir geblieben war, waren die riesigen Steinmauern. Leer und uneinnehmbar.

Leider war das Ganze nicht wegen des Trennungsschmerzes ein Alptraum – nein. Von solch süßem Schmerz konnte ich nur träumen.

Es war ein Alptraum, weil du alles getan hast, um mich auf jede erdenkliche Art und Weise zu verletzen.

Du hast jede Spur von Schönheit in mir ausgelöscht, nur weil du aus lauter Selbstsucht dachtest, dass du diese Schönheit in mir geschaffen hättest.

Sie war nie deine. Sie war nur meine. Und sie wurde mir weggenommen.

Du hast mich durch jeden Höllenkreis geführt. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir geschah.

 

Ich hatte solche Angst, dass ich jede Lüge glaubte, die du mir erzählt hast.

Du hast mich dazu gebracht, mir selbst einzureden, dass ich weder dich noch irgendjemanden noch mein Leben verdient hätte.

Ich hatte Schmerzen; ich fühlte mich so, als hätte ich meine Seele falsch teleportiert und dabei Teile davon verloren. Es tat weh.

Ich hatte noch nie zuvor solch einen Schmerz empfunden.

Als ob ein Teil von mir fehlte und ich nichts dagegen tun konnte. Ich trauerte um etwas, das noch nicht einmal tot war.

Ich wusste nicht einmal, was das für ein Teil war. Ich wusste nur, dass man mir jede Chance auf Freude genommen hatte.

Ich konnte nicht einmal weinen. Ich war so gefühllos.

Da wurde ich leichtsinnig. Ich wollte das Gefühl provozieren. Ich wollte meinem Schmerz freien Lauf lassen, ihn aus mir rausschreien und ihn loslassen.

Ich wollte einen Beweis dafür, dass mein Schmerz echt war.

Ich wollte einen Beweis dafür, dass mein Elend nicht nur eine unglückliche Liebesgeschichte, eine kaputte Beziehung, eine schmerzhafte Trennung oder eine vorübergehende Phase war.

Es war ein Seelenverlust.

Nach dir musste ich meine Scherben aufsammeln und sie mit meiner Erinnerung an das, was ich einst war, zusammenkleben.

Die Stückchen bröckelten, fielen immer wieder ab und zerbrachen in noch winzigere Splitter, bis mich die bittere Wahrheit traf: Ich würde nie wieder sein, wer ich vorher war.

Diese plötzliche Erkenntnis traf mich wie der Blitz.

Ich war nicht mehr die, für die ich mich hielt, und ich würde es nie wieder sein. Es gab keine Rettung, keine Therapie, die mich hätte zurückbringen können.

Ich war für immer verändert.

Zuerst war ich am Boden zerstört.

Die Angst, etwas für immer verloren zu haben, überkam mich, und ich konnte keinen Frieden mit mir selbst schließen.

Mir wurde klar, dass ich jetzt diese leere Hülle war.

Ich war voller Ängste, die ich nie zuvor gekannt hatte, voller neuer Unsicherheiten, und meine Überzeugungen änderten sich auch.

Mein neues Ich wusste nicht mehr, was Liebe ist.

Sie konnte sich nirgendwo mehr sicher fühlen. Sie sehnte sich danach, ihr Leben in aller Unwissenheit wie alle anderen zu leben.

Sie wurde skeptisch und paranoid. Sie hasste sich selbst und ihren Körper.

Jedes Mal, wenn jemand eine ernsthafte Beziehung zu ihr aufbauen wollte, stellte sie eine eiskalte Mauer auf.

 

Freude und Spaß wurden durch hirnlose, versoffene Nächte und bedeutungslose Freundschaften ersetzt.

Durch Liebe, mit ungewollten Küssen und gelöschten Nummern. Frieden war ihr fremd.

Ich hatte keine andere Wahl, als sie leben zu lassen und zu versuchen, sie zu verstehen.

Nach langer Zeit erstickender Gleichgültigkeit beschloss ich, mit meinem neuen Ich Frieden zu schließen.

Ich schwor mir, sie mit all ihrem Elend so zu akzeptieren, wie ich ihn damals akzeptiert habe.

Ich fing an, alles zu tun, was ich tun wollte, ganz kompromisslos. Ich gönnte mir alles, was ich in dem Moment brauchte.

Ich ließ meinen Gefühlen freien Lauf – der Trauer, der Verachtung, der Spannung, dem Ekel, der Angst, der Wut, der Leidenschaft, der Lust. Allem.

Und ich hatte kein schlechtes Gewissen.

In dem Moment fing die Mauer langsam an zu zerfallen.

Als die Angst davor, mich selbst zu verlieren, nachließ, konnte ich endlich Frieden mit mir selbst schließen.

Ich konnte endlich die Frau akzeptieren, die ich bin, mit oder ohne den Missbrauch. Es spielte keine Rolle mehr.

Ich begann, mein Leben als etwas Kostbares und Lebenswertes zu betrachten. Ich erlaubte mir selbst, weiterzumachen.

Immer öfter fand ich Teile von mir selbst, die keinen Kleber brauchten. Sie passten einfach perfekt zusammen.

Langsam aber sicher wurde mir klar, dass ich mein eigenes Meisterwerk erschaffen hatte. Ich hatte mich selbst neu erfunden.

Mir wurde klar, dass ich wachsen musste, um Platz für alles zu schaffen, was ich sein konnte.

Meine Seelenteile waren nie verloren – sie mussten nur vor dem Schmerz verborgen werden, weil sie so kostbar sind.

Mein eigener Schmerz hat mir gezeigt, dass ich die Kraft habe, ihn zu meiner Stärke zu machen.

Am Ende wurde mir klar, dass ich der Alchemist meiner Seele bin.