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Ein Brief an die Frau, die ich nicht mehr wiedererkenne

Ein Brief an die Frau, die ich nicht mehr wiedererkenne

An die Frau, die ich nicht mehr wiedererkenne,

Ich schreibe dir das hier mit der größten Verbitterung im Herzen.

Ich wünschte, ich könnte noch wissen, wer du früher warst. Ich wünschte, ich wüsste, was mit dir passiert ist.

Die Fotos erinnern mich daran, dass du eine starke, schöne, lebensfrohe und gelassene Frau warst. Eine so glückliche, gesellige und freie Frau.

Du konntest die Welt erobern – du konntest jeden Traum verwirklichen und jede Erwartung erfüllen.

Du hast dich so auf das Leben gefreut und darauf, was die Zukunft bringt.

Du hast an die Liebe geglaubt, an Märchen, an dein Happy End.

Das war natürlich vorbei, als er aufgetaucht ist und dir deine ganze Existenz weggenommen hat.

Du warst zu jung und naiv, um zu verstehen, dass nicht jeder gut ist.

Er brachte dir so viel Spannung, so viel Freude, so viel falsche Liebe … dass du nicht einmal mitbekommen hast, wie er dein unschuldiges kleines Herz ausgenutzt hat.

Das Gefühl, begehrt zu sein, hatte dich so sehr von dieser neuen Lebensweise geblendet, von deiner allerersten (so dachtest du zumindest) großen Liebe, dass du dich von ihm lebendig begraben lassen hast.

Deine perfekte Liebesgeschichte wurde sein perfekter ungeklärter Fall.

Obwohl dir das damals nicht bewusst war, weißt du heute, dass dein jüngeres Ich nach Hilfe geschrien hat, wohingegen dein älteres Ich mit der Zeit die Realität vergessen hat.

Ich wünschte, ich hätte dir sagen können, kurz Pause zu machen und nachzudenken.

Ich wünschte, ich hätte dir gesagt, auszusteigen, bevor es zu spät ist.

Ich wünschte, ich hätte es können, ich hätte es getan, und jetzt weiß ich ohne Zweifel – ich hätte es tun sollen.

Siehst du diese Frau, die ich jetzt bin? Sie weiß nur zu gut, worauf sie sich da eingelassen hat – ein Loch, aus dem sie scheinbar nicht mehr herauskommt.

Sie erkennt dich gar nicht mehr wieder.

Herrgott, langsam erkennt sie sich selbst nicht mehr wieder. Die Frau im Spiegel, die zurückschaut, ist eine Fremde.

Sie weint sich in den Schlaf und wacht geistig, körperlich und emotional erschöpft von ihrer Realität auf.

Sie weint nicht um ihn – sie weint um dich.

Sie ist einsam und deprimiert, voller Angst und Furcht.

Und obwohl alle sie kennen, sehen sie nicht die Verzweiflung unter dem falschen Lächeln, das sie wie eine Maske aufsetzt.

Mit Make-up überdeckt sie ihre vom tagtäglichen Weinen geschwollenen Augen, und ihre Freundlichkeit kommt davon, dass sie innerlich so kaputt ist… dass sie es allen anderen recht machen will.

Wenn sie sich aufreißen und ihre Gefühle rauslassen könnte, wären ihre Familie und Freunde entsetzt.

Sie glauben, sie sei müde von der Arbeit, aber in Wirklichkeit ist sie es leid, um das bisschen, was von ihr noch übrig ist, zu kämpfen.

Sie ist von der Manipulation, der Kontrolle und den täglichen Kämpfen erschöpft.

Das alles ist wie ein endloser Teufelskreis, eine Achterbahn, die hoch- und runterfährt.

Wenn auch selten, haben seine guten Tage sie glauben lassen, dass sich vielleicht, nur vielleicht etwas ändern könnte, aber tief in ihrem Inneren weiß sie, dass das nicht passieren wird.

Sein Verhalten hat sie fertiggemacht. Seine Worte haben sie so tief getroffen, dass sie wie ein konstanter Alarm in ihrem Kopf klingeln.

Sie hat ihren Mut, ihre Leidenschaft und ihre Hoffnung verloren. Sie fühlt sich wie eine leere Hülle – jemand, der einfach nur da ist.

Erst wenn er sie mit einem anderen Wort attackiert oder mit einem anderen Wutanfall aufweckt, spürt sie ihren Herzschlag.

Sie hat gelernt, nichts zu fühlen, nichts zu erwarten und nichts zu wollen.

Der Mann, der sie angeblich lieben, beschützen und heiraten wollte, hat ihr ganzes Leben zerstört. Er hat sie in die Irre geführt.

Das war keine Liebe. Das war Missbrauch. Das war Wahnsinn, Irrsinn und einfach nur falsch.

Ich schätze, ich entschuldige mich zum Schluss bei dir (bei der Frau, die ich früher mal kannte) für das, was du meinetwegen durchmachen musstest.

Jeden Tag werde ich ein bisschen stärker aufwachen und beten, dass du eines Tages zu mir zurückkehrst.

Dass ich eines Tages den Mut aufbringe, dich wiederzufinden – ihn zu verlassen und dich zu finden.

Ich werde dich lieben. Ich werde dich beschützen. Ich werde für eine Zukunft kämpfen.

Ich werde dir beibringen, stark, mutig und selbstbewusst zu sein. Du wirst wieder aufgebaut, neu gestaltet und wieder sicher sein.

Aus dieser Asche wird etwas Schönes entstehen und damit eine glückliche Zukunft. Das Leben wird wieder schön sein – das verspreche ich dir.

Bis bald,
Ich

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