Ein Brief an den Narzissten, der mir beibrachte, was Liebe nicht ist
Ich weiß nicht, ob du je verstehen wirst, was du in mir ausgelöst hast. Vielleicht liest du das nie. Vielleicht interessiert es dich auch nicht.
Aber ich schreibe diesen Brief nicht, um dich zu erreichen, sondern um endlich mich zu befreien.
Ich habe lange geschwiegen.
Zu lange geglaubt, dass du dich irgendwann ändern würdest, dass du „es“ doch spürst, auch wenn du es nie sagtest.
Ich habe jedes deiner Schweigen verteidigt, jedes kalte Wort entschuldigt, jede Distanz erklärt. Ich dachte, Liebe hieße, Verständnis zu haben, auch für das, was mich kaputt macht.
Heute weiß ich: Das war keine Liebe. Das war Abhängigkeit. Und du warst der Lehrer, den ich nie wollte, aber gebraucht habe.

Ich erinnere mich an den Anfang.
An die Nachrichten, die nie zu enden schienen, an dein Lächeln, das alles in mir zum Leuchten brachte.
Du hast mir das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein, die eine, die dich wirklich versteht.
Du hast mich gesehen. Oder besser gesagt: Du hast mich ausgesucht.
Nicht, weil du mich lieben wolltest, sondern weil du gespürt hast, dass ich fühlen kann und das war deine Eintrittskarte in meine Welt.
Ich weiß heute, dass du kein Interesse an meiner Seele hattest, sondern an dem, was du aus ihr ziehen konntest: meine Wärme, meine Geduld, meine Zuwendung.
Du hast mir gegeben, was ich brauchte, nur um es mir wieder zu nehmen. Einmal Liebe, dann Schweigen.
Einmal Nähe, dann Kälte. So hast du mich langsam gebrochen, nicht mit Gewalt, sondern mit Entzug.
Und ich?
Ich habe mich immer mehr bemüht, dich glücklich zu machen, weil ich glaubte, das sei Liebe. Doch Liebe, die ständig weh tut, ist keine Liebe, sie ist Erschöpfung.

Es gibt Momente, die brennen sich ein.
Abende, an denen ich gewartet habe, auf ein Zeichen, eine Nachricht, ein „Ich vermisse dich“. Ich habe mir eingeredet, du brauchst nur Zeit, dass du dich meldest, wenn du „bereit“ bist.
Aber du kamst nicht.
Und jedes Mal, wenn du zurückkamst, tat es noch mehr weh. Ich war dein sicherer Hafen, wenn du Bestätigung brauchtest und deine Zielscheibe, wenn du dich leer gefühlt hast.
Du hast mich so oft ignoriert, dass ich begann, mich selbst zu überhören. Ich war so beschäftigt, dich zu verstehen, dass ich aufgehört habe, mich selbst zu fühlen.
Ich kann mich an Nächte erinnern, in denen ich auf mein Handy gestarrt habe, in der Hoffnung, dein Name würde wieder aufleuchten.
Manchmal tat er es und in mir mischten sich Erleichterung und Angst. Denn ich wusste: Dein „Hallo“ bedeutet nie Frieden.
Es bedeutet, dass der Sturm wieder losgeht.

Ich habe an deine Worte geglaubt, auch wenn sie sich leer anfühlten. Du konntest die Wahrheit verdrehen, bis ich mich selbst nicht mehr kannte.
Wenn du mich verletzt hast, war ich „zu empfindlich“. Wenn du gelogen hast, war ich „zu misstrauisch“. Wenn ich weinte, war ich „zu dramatisch“.
Du hast mich so lange manipuliert, bis ich glaubte, das Problem sei ich.
Aber die Wahrheit ist:
Ich habe dich entschuldigt, weil ich lieber an eine Illusion glauben wollte als an die Realität. Denn Realität bedeutete, zu akzeptieren, dass du mich nie so geliebt hast, wie ich dich.
Ich habe mich selbst belogen, weil ich dachte, Liebe sei, zu bleiben, egal, wie sehr es weh tut. Heute weiß ich, Liebe ist, zu gehen, wenn jemand dich zerstört.

Es gab einen Punkt, an dem ich wirklich dachte, ich sei nichts mehr wert. Ich war müde vom Hoffen, müde vom Kämpfen, müde vom Erklären. Ich wusste nicht mehr, wer ich bin, ohne dich.
Und genau da begann etwas Neues.
Weißt du, was du nie verstanden hast?
Du kannst jemanden verletzen, aber du kannst seine Seele nicht nehmen. Du hast mich gebrochen, ja, aber genau in diesen Rissen kam Licht hinein.
Ich habe gelernt, meine eigene Stimme wieder zu hören. Ich habe erkannt, dass Liebe nicht darum geht, jemanden zu retten, der dich untergehen lässt.
Ich habe verstanden, dass Mitgefühl nichts wert ist, wenn es nur in eine Richtung fließt.
Ich habe aufgehört, dich zu hassen. Denn Hass hätte bedeutet, dass du immer noch Macht über mich hast.
Heute empfinde ich etwas anderes: Ruhe. Du bist nur noch ein Kapitel, das weh tut, aber abgeschlossen ist.

Liebe ist nicht Schweigen als Strafe. Liebe ist nicht Kontrolle, nicht Manipulation, nicht Macht. Liebe ist kein Spiel, das einer gewinnt, während der andere verliert.
Liebe ist gegenseitiger Respekt, ehrliche Kommunikation, Wärme ohne Bedingungen. Sie ist verletzlich, aber nie zerstörerisch.
Sie ist geduldig, aber nicht gleichgültig. Sie fordert nie, dass man sich selbst aufgibt, um jemanden zu behalten.
Ich weiß das jetzt, weil du mir das Gegenteil gezeigt hast.
Du hast mich gelehrt, dass jemand, der dich wirklich liebt, dich nicht klein machen muss, um sich groß zu fühlen. Und dass jemand, der ständig „Ich liebe dich“ sagt, es noch lange nicht meint.
Deine Art zu lieben war ein Spiegel, der mir zeigte, wo ich mich selbst verloren hatte. Und ich bin dir dankbar dafür, so paradox es klingt.
Denn ohne dich hätte ich nie gelernt, mich selbst zu lieben.

Ich danke dir nicht, weil du mich verletzt hast. Ich danke dir, weil ich mich entschieden habe, daran zu wachsen.
Du hast mir gezeigt, dass ich stark bin, auch wenn ich mich schwach fühlte. Dass ich Grenzen ziehen darf, auch wenn ich dadurch Menschen verliere.
Und dass ich mich nicht schuldig fühlen muss, wenn ich Frieden wähle statt Drama.
Ich habe aufgehört, mir zu wünschen, dass du verstehst, was du getan hast. Denn das wirst du nie. Aber das ist auch nicht mehr wichtig.
Was zählt, ist, dass ich mich selbst wiedergefunden habe, Stück für Stück, Tag für Tag. Ich bin nicht mehr die, die alles entschuldigt.
Ich bin die, die endlich gelernt hat, dass wahre Liebe niemals weh tun muss, um echt zu sein.
Und wenn du mich heute sehen würdest, wirklich sehen, würdest du erkennen, dass du mich nicht zerstört hast.
Du warst nur der Sturm, der mir gezeigt hat, wie stark mein Fundament ist.
